Sie sind hier: Coaching Streitfälle Geistige Einsichten  
 Streitfälle
Geistige Einsichten
 Coaching
Streitfälle
Online-Beratung

VAINGLORY
 

Liebe Leserinnen und Leser!

Am Ende des Jahres bekommen wir statistisch gesehen – bemerkt und nachgefragt – mitgeteilt, welches Wort das öffentliche Leben geprägt oder nachhaltig begleitet hat. Der Ausdruck 'vainglory' wird dieses Mal auch wiederum bei den Worten und Unworten des Jahres nicht mit dabei sein.

In den letzten Wochen hat dieser Begriff mein Denken einmal mehr bestimmt. 'Vainglory' läßt sich auf die beiden lateinischen Wortwurzel 'vanus' – inhaltslos, ohne Substanz, leer, nichtig, eitel, vergeblich, nutzlos, hohl – und 'gloria' – Ehre, Ruhm, Berühmtheit – zurückführen.

Aufgrund der Übersetzungsmöglichkeiten lassen sich eine Reihe von Wortkombinationen bilden. Meine Gedanken merken vor allem beim Sinngehalt des 'nutzlosen Ruhmes' auf.

In meiner Studentenzeit – Ende der siebziger Jahre – war das Bedeutungsgefälle zwischen Professoren und Studierenden noch sehr fest geprägt – ob dies heute noch so ist, mag ich nicht zu beurteilen -. Diese Realität mündete damals in einen kleinen Witz, der wie folgt lautete: 'Die Frau des Professors ruft ihrem Mann aus dem Fenster hinterher: < Hermann, sei heute bedeutsam! >
Was dieses denn genau sei, wird nicht mit benannt – Hauptsache bedeutsam.

Und so leben wir in einer Gesellschaft, die nicht nur zu Ruhm, Ehre und Erfolg auffordert und drängt, sondern ebenso festlegt, was dieses denn genau sei. Um ruhmreich sein zu können, bedürfen also der Anerkennung der anderen. Das hat wiederum zur Folge, daß wir den Menschen nachfolgen, manchmal sogar denjenigen nachjagen müssen, die diese Ehrungen zu vergeben haben.
Die einen kämpfen um ihre berufliche Position, das öffentliche Ansehen, die Aufnahme in bestimmte Kreise – manchmal auch um Machtbesitz – und wiederum andere versuchen viel Geld zu machen, da der Besitz häufig die gegenseitige Achtung fördert, - 'was wird nicht alles nach dem Gelde bemessen'.
Trotz vieler Proteste hat der Philosoph Epiktet somit auf jeden Fall recht, wenn er sagt, daß das Ansehen nicht in der eigenen Macht stehe. Diese Wahrheit können besonders die Menschen bestätigen, die schon Verleumdungen unterschiedlichster Art durchlebt haben. Dagegen ist oft kein Kraut gewachsen.

Ich weiß noch, wie ich damals in den Sportbereich wechselte und Athleten mit Olympiaaussichten beraterisch betreute. Zur Verwunderung einiger Funktionäre stellte ich den Gedankengang von Kaiser Marc Aurel sozusagen als meine Präambel an den Beginn meiner Tätigkeit:

"Wer sich um seinen Nachruhm Sorge macht, bedenkt nicht, daß alle Menschen, die sich nach seinem Tode noch seiner erinnern, in kürzester Frist selber sterben werden,...bis die gesamte Erinnerung an ihn erloschen ist... Doch einmal angenommen, daß die Menschen, die sich deiner erinnern, unsterblich und daher das Andenken an dich ewig wäre – was hättest du davon? ..."
Wir alle haben es seit den Kindertagen mitbekommen, wie schnell so mancher Ruhm verblassen kann; daß die Herzensbildung das eigentlich Wichtige ist; daß derjenige, der die ganze Welt besäße, aber keine Liebe habe, ganz schön arm dran wäre; daß es wichtig sei, 'wahre Freundschaften' zu haben und nicht nur Geschäftsbeziehungen; daß man nichts mitnehmen kann, weil das berühmte letzte Hemd keine Taschen hat und wie schnell es funktioniert 'aus den Augen aus dem Sinn'.
Natürlich sind wir aufgefordert, uns zu entwickeln, uns in Gemeinschaft zu integrieren und unsere Fähigkeiten zu verwirklichen. Selbstverständlich kann dabei auch Anerkennung ein wichtiger Faktor sein – ohne Frage!

Aber was ist, wenn die Anerkennung zu unserem Hauptziel wird? Wenn es nur noch darum geht, gut dazustehen, egal ob die Qualität oder die Ehrlichkeit noch stimmt.
Der ersehnte Applaus mag es dem einen oder anderen schwierig erscheinen lassen, nicht nach dem ausschließlichen Ansehen zu streben. Und es ist ja auch wirklich eine mühsame Lebensaufgabe, die nicht von der einmaligen Erkenntnis lebt, sondern den ständigen Kampf fordert, sich auf die 'echten' und 'lauteren ' Ziele zu beziehen. Die Verführungen, es nicht zu tun, sind zahlreich und mächtig, genau wie die Depressionen derjenigen, die sich im Gerangel des nutzlosen Ruhms an den Rand gedrängt fühlen.

Besinnen wir uns einen Moment auf das Warmherzige und das Verbindende zu den anderen Lebewesen in uns selbst. Lassen Sie uns einen Augenblick gemeinsam daran glauben, daß es einen Wert in uns gibt, der jenseits der Beurteilung durch die anderen Gültigkeit hat.
- Ich bin im Lebensfluß, weil ich dasein darf - keine vorherige Abstimmung,
kein Intelligenztest
- Menschen begleiten mich - unbezahlbar, ohne Krankenschein
- Manchmal geschieht es, daß jemand sagt: 'Es ist gut, daß es Dich gibt.'
trotz Fehlverhaltens

Wäre es nicht erleichternd, glauben zu können, von Gott angenommen zu sein - jenseits religiöser Konformität?

Und je eher wir 'vainglory' in uns aufspüren, vielleicht auch dabei erschrecken, desto eher wird es uns gelingen, neue Welten in uns zu öffnen, die zum eigentlichen Kern des Lebens vordringen können.

Eine Woche mit guten Einblicken wünscht Ihnen

Udo Manshausen
Internetmeditation November 1999 von Udo Manshausen
www.manshausen.de

Geistige Einsichten | Die aufgeblähte Dimension