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DIE AUFGEBLÄHTE DIMENSION
 

'Von einem Menschen, der glaubte, es gibt ihn allein'

Liebe Leserinnen und Leser!

Vielleicht beginnt es mit der Religion in ihrer konfessionellen Ausprägung, daß wir Menschen glauben, es müßte alles so sein und nicht anders. Und dieses könnte dann den Gläubigen dazu veranlassen, täglich für die Milliarden von Menschen zu beten, die doch christlich werden müßten, damit sie nicht nur den Sinn des Lebens richtig erfahren, sondern ebenfalls ihre Seele für die Nachwelt gut vorbereiten. Dabei geht es in einem selbst dann schon ganz exklusiv zu, da man ja den rechten Glauben hat, und sich beruhigt zurücklehnen kann. In einer solchen psychophatologischen Denkweise – mit diesem Begriff ist das krankhafte Denken gemeint, daß den Menschen nicht in eine abwertende Ecke stellen möchte, sondern eine therapeutische Analyse darstellt, die den Menschen da herausführen möchte, ein Ganzer zu werden – wird gleichsam der Boden bereitet, daß der Mensch leicht den wirklichen Blick für die anderen verlieren kann. Dieser ist jedoch hilfreich für die eigene Orientierung und die Korrektur jener Tendenz in uns, sich für allmächtig – omnipotent - zu halten. Dabei könnte leicht ein Widerstand aufkommen, weil ich doch eigentlich um mein eigenes Elend weiß und mich von daher nicht mit uneingeschränkter Machtfülle ausgestattet sehe. Das ist wahr!

Jedoch in unserer eigenen kleinmütigen Haltung der Minderwertigkeit oder innerhalb einer kritischen Sicht von uns selbst kann sich wiederum das Gleiche ereignen, indem das Gefühl von der eigenen Größe und Richtigkeit uns dazu verleitet, nur uns selbst zu sehen, ohne die Welt in ihren wirklichen Dimensionen wahrzunehmen. Unser eigenes Bewußtsein bläht sich dann derartig auf, daß es nur noch um uns selbst geht, so daß andere auch dafür herhalten müssen, damit es mir gut geht und ebenso einem ganzen Volk. Die ausbeuterischen Verstrickungen des Kapitalismus in Bezug auf die Dritte Welt sind dafür ein nachvollziehbarer Beleg. Keine Sorge, diese Meditation soll keine politische Auseinandersetzung in den Mittelpunkt rücken, sondern nur die eigene von außen gesteuerte Egozentrik.

Diese angedeuteten Aspekte sollen zeigen, daß unser eigenes Ich oftmals falsch eingestellt ist, weil wir die echten und tatsächlichen Weiten und die Größe der Welt weniger in einem Außen wahrnehmen, sondern ausschließlich in unser Ich hineinverlegen und so uns selbst zu einer übermäßigen Bedeutungsfülle heranwachsen lassen.

Ich möchte Ihnen von einem Phänomen berichten, von dem ich glaube, daß es vielfach zum Teil falsch gedeutet wird und dadurch die entsprechenden Heilungschancen gemindert werden, weil die falschen Mittel eingesetzt werden.

Wer kennt das nicht, daß man sich minderwertig fühlt oder von anderen berichtet bekommt, wie fertig man sei und daß man sich klein und wie zerstört oder zerquetscht am Boden fühlt. Man glaubt, nicht richtig wahrgenommen zu werden, die Wertschätzung in Bezug auf die eigene Person sei zu gering. Einzelne fühlen sich sehr schnell betroffen und übergangen, bis einige sich sogar den falschen Augenaufschlag oder eine zu harte Betonung als einen elementarer Angriff auf die Persönlichkeit deuten: 'Du schätzt den wahren Wert meiner Person gar nicht mehr richtig ein, weil Du mir schon lange keine Blumen, kein Lob und fast keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt hast.' Kleinigkeiten nehmen dann Dimensionen an, die einem suggerieren, es gehe nunmehr um Leben oder Tod, um Sein oder Nicht-Sein.
Des weiteren kann man feststellen, daß die Gespräche oder Briefe von denjenigen, die sich als minderwertig erleben, nur sich selbst im Mittelpunkt haben. Einige deuten diese Egozentrik so, daß nunmehr eine Aufholjagd begonnen habe, sich die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen – und das manchmal sogar für Jahre
Darüber hinaus glaube ich, daß ein übergroßes eigenes Ich die eigentliche Ursache – neben tatsächlichen elementaren Verletzungen, die an dieser Stelle ausgeklammert werden – für das schmerzvolle Defizit ist. Je mehr ich die Bedeutung meines eigenen Ichs hochfahre oder aufblähe, desto größer muß die Beachtung und der Jubel ausfallen. Und von daher sind die leidenden Kleinmütigen in Wirklichkeit versteckte Präsidenten und Königinnen deren Volk erst recht aufgrund des Klagens auszuwandern beginnt.

Ich kann mir vorstellen, wie sich jetzt vieles in Ihnen zu wehren beginnt, bis hin zu einer möglichen Kritik, das sei gefühllos und verkenne die Situation der Leidenden. Dennoch, der Glaube von der eigenen Wichtigkeit und Größe bestimmt die Dimension des Schmerzes!

Stellen Sie sich einmal vor, ein Wüstenvater, der es sich zu seiner Lebensphilosophie gemacht hat, sich für geringer zu halten als alle anderen, weil er glaubt, daß er tatsächlich nicht besser sei als die anderen, denn er hat sehr genau nachgeforscht, wie es um sein eigenes Fehlerkonto bestellt ist, verließe für Tage seine Einsiedelei und betrete für Besorgungen einen Supermarkt. Dort wird er von einem selbstbewußten Kunden mit seinem Einkaufswagen überholt und zur Seite gedrängt. So wie ich die Wüstenväter kennengelernt habe, wird er diese Handlung mit einer zustimmenden Geste begleiten, weil er sich nicht ganz sicher ist, ob er eigentlich zurecht diesen Platz in dieser Schlange einnimmt.
Überprüfen Sie für sich selbst, wie Sie in einer vergleichbaren Situation handeln würden.

Wenn wir das Leben einmal in seiner Gesamtheit betrachten und bejahen, daß jeder Mensch, der sich auf der Welt befindet, ein Recht hat zu leben, und von da aus für längere Momente wahrnehmen, wie es Millionen von Menschen auf der Welt katastrophal ergeht, uns dann daran mit unseren Bedürfnissen messen, die bei uns psychische Leiden verursachen, dann müßte uns allen von Zeit zu Zeit eigentlich ein Licht aufgehen: es gibt uns nicht nur allein! Falls der eine oder andere immer noch bestreiten möchte, daß er weniger bedeutend und wichtig sei, als andere es ihm sagen wollen, der erstelle doch bitte eine Liste über die eigene Wichtigkeit.

Aber vielleicht ist die Strategie des Wüstenvaters Poimen erfolgreicher:

"Wenn der Mensch sich selber tadelt, hält er überall durch."

Eine Woche mit guten Einblicken wünscht Ihnen

Udo Manshausen

Internetmeditation Mai 2000 von Udo Manshausen
www.manshausen.de

Vainglory | Die Statiker