Sie sind hier: Stressbewältigung Übung 4b  
 Stressbewältigung
Übung 1
Übung 2
Übung 3
Übung 4
Übung 4a
Übung 4b
Übung 5
Aufgabe 5a
Eine Minute
Worte hören

VERTIEFUNG DES INHALTS
 

sich dem Leben anvertrauen

Lieber Udo,
wir sind umschlossen, umfangen von der Natur und eingebunden, eingebettet in ihren Lebensraum. Unser Dasein treibt überwiegend so dahin, ohne dass wir behaupten könnten, wir seien die Lenker unseres Schicksals. Diese grundlegende Erfahrung regt uns Menschen dazu an, in scheinbar zufälligen Ereignissen dennoch eine geheime Führung und einen verborgenen Lebensplan zu vermuten. All unsere Forschungen und Erkenntnisse können einen persönlichen, inneren Entschluss nie und nimmer ersetzen: Wir müssen uns immer wieder für ein loslassendes Vertrauen in einen unbekannten zukünftigen Lebenslauf entscheiden.
Auf wen Menschen auch hoffen mögen oder auf welche Verlässlichkeiten sie ihr Leben gründen, ohne Vertrauen in das Unbestimmte hinein wird unser Leben zu einer angstvollen Qual.
Ich vertraue auf Gott.
Die Gedanken des Jesuiten Jean-Pierre de Caussade haben auch mein Herz aufhorchen lassen, da ich mich ebenso wie er danach sehne, dass mein Leben von Grund auf behütet sei:
Gott „weiß ..., dass wir blind sind für alles, was uns not tut. Deshalb übernimmt er es selber, uns, was uns heilsam ist, zu geben. Es kümmert ihn wenig, ob er uns dabei widersprechen muss. Wir gedachten nach Osten zu gehen; er aber führt uns nach Westen. Wir wollten eine Klippe anfahren; doch er wirft das Steuer herum und geleitet uns zum Hafen. Ohne Karte und Wegleitung, ohne Wind und Gezeiten zu kennen, verläuft unsere Reise stets glücklich. Mögen Piraten auf uns lossteuern; ein Gegenwind entreißt uns unversehens ihrem Zugriff.“ *
Wie oft war ich blind und habe mir sehnsüchtig gewünscht, dass mich jemand aus meinem Elend herausführen möge!
Wir hoffen vor allem für uns selbst, doch es ist wichtig, dass wir mit unserem Urvertrauen, wenn wir die Spur einmal aufgenommen haben, anderen helfen, das dunkle Niemandsland des Lebens ohne Schrecken zu betreten.
Udo, Du kennst meine Grundeinstellung zu gegenseitiger Hilfe und Ermutigung. Sie ist in einem kleinen Dialog, den ich mit einem meiner Schüler führte, gut festgehalten: „Wenn wir beim Gottesdienst Brüder einnicken sehen, willst du, dass wir ihnen einen Stoß geben, damit sie in der Vigilie wachen? Ich erwiderte: Wahrlich, wenn ich einen Bruder einnicken sehe, dann leg ich seinen Kopf auf meine Knie und lasse ihn ruhen.“**
Ruhen und ruhen lassen – wie weit wir oftmals von diesem Vertrauen in das Dasein entfernt sind, zeigt unser verkrampfter Eigenwille.
Doch der Lebenssinn ist vielfältiger als alle menschlichen Einsichten zusammen.
Dein Abbas Poimen
(Brief im Kontext von Abbas Poimen von Udo Manshausen)

* de Caussade, Hingabe an Gottes Vorsehung, 111/2
** Weisung der Väter, 666

Übung 4b | Ruhen lassen